Galerie Palü, Pontresina, 1. September – 10. Oktober 2020.
Die Karriere eines jeden Künstlers kann über die Jahre an eine Reise erinnern, die einer inneren, retrospektiven Logik folgt, die schliesslich den Eindruck erweckt, ihr Ziel sei bereits vorherbestimmt gewesen. Die Einzelausstellung von Lukas R. Vogel2 konzentriert sich auf seinen Einsatz des quadratischen Formats. Auch dieses Mal kommt wieder die traditionelle chronologische Reihenfolge zur Anwendung: begonnen beim ersten bis hin zum jüngsten Werk des Künstlers, weil so die Ausdruckskraft seiner Werke einmal mehr verstärkt wird. In Wahrheit sind sich nämlich die wenigsten Künstler bereits zu Beginn ihrer Reise ihres Ziels bewusst. Vielmehr verfolgen sie ihre Arbeit, tappen im Dunkeln. Ihr ständiger Begleiter: die Aussicht auf Veränderung. Ihre Pfade mäandern, kehren um, führen in Sackgassen. So entdecken sie ungeahnte Ausblicke. In dieser Retrospektive sehen wir jedoch kein Scheitern, sondern konzentrieren uns darauf, welche Türen sich durch den Erfolg des Künstlers geöffnet haben.
So war der Autodidakt Lukas R. Vogel einer der bedeutendsten, vielseitigsten und produktivsten zeitgenössischen Künstler des Engadins. Sein Werk ist geprägt von seiner Faszination für die Berge. Seine Karriere stellt den Akt über das Artefakt, den Moment über das Monument. Von der Impression: Blick ins Val Roseg, Abend (2006) über Momentum monochrom: Piz Palü, Abend (2014) bis hin zu Momentum: Piz Badile am Abend aus dem Jahr 2016, seinem Todesjahr. Hier hat Vogel die Beziehung zwischen menschlicher Erfahrung und der Natur mit verschiedenen Techniken und Stilen sensibel erforscht. Die Reihe «Impression» zeigt von der Sonne beschienene Berghänge, mit echtem Blattgold hervorgehoben, vor einem schlichten Hintergrund, wodurch die Subjekte eine neue Dimension erhalten. Auf «Impression» folgte dann die «Momentum»-Reihe. Hier werden bekannte Gipfel puristisch dargestellt. Allein das auf sie fallende Licht ist abgebildet.
Vogels Arbeiten sind ein Nexus des Elementaren, sowohl was Materialien und Subjekte betrifft, aus denen sie sich zusammensetzen, als auch in Bezug auf die universellen Kräfte und Naturphänomene, die deren Erschaffung und Reifung im Laufe der Zeit prägen. In seinen geliebten Schweizer Bergen wird das Kunstschaffen für den Künstler zu einer Art Meditation. Jede der vielfarbigen Flächen ist auf ihre eigene Art und Weise interessant und hebt sich durch ihre ganz eigene Materialität hervor. Es scheint die spannende Verbindung zwischen Kontrolle und Spontaneität gewesen zu sein, die Vogel dabei am meisten faszinierte.
Von seinen frühen Werken bis hin zu seinen späteren Untersuchungen, die dann in Gemälden ihren Ausdruck fanden, die in seinen zwei Studios entstanden, führt uns Vogel ein in die Tiefe seiner Vision, mit einem Bewusstsein für Umwelt und Kultur zu einem besseren Verständnis für die Sprache der Natur und unserer «Plätze» in ihr. Der Künstler Lukas R. Vogel hat es geschafft, in seinen Darstellungen der Berge eine grosse Tiefe und Anziehungskraft zu kreieren, die dem Betrachter neue Formen erhabener Erfahrung vermitteln.